Wechselkurse–Fareed Armaly bei Buck & Nagel.”

Programmteil vom 20.05.88–02.06.88

Review

Es muß wohl ein Amerikaner sein, der den Zusammenhang zwischen dem vielflechtigen Kunst- und dem versponnenen Weltwirtschaftssystem deutlich macht. Der Vergleich ist gelungen: Fareed Armaly läßt in seiner Installation Wechselkurse ein aktuelles Wirtschaftsprinzip sprechen: Zwölf Schneekugeln entsprechend den zwölf EG-Staaten, tragen die ein-menen Markt ist bei Gleichgewicht jeder Austausch möglich.

Der Austausch, der sich hier auch auf die Kunst und (Kunst-) Geschichte bezieht, ist hier noch mehr als ein bloßer Handel. Der “Spielplan” den Kohl als Wirtschaftsziel für die kommenden vier Jahre der EG anspricht und den Armaly als Zitat eines Zeitungsartikels für seine Arbeit verwendet, ist dem Gesetz der freien Marktwirtschaft unterworfen, ebenso wie die Kunst und ihr Austausch mit schon vorhandenen “Kunstgütern”. Der Künstler wählt nur noch aus, kombiniert und abstrahiert.

Armaly selbst macht das deutlich in seiner Arbeit Abstraktion, bei der er die Seiten eines Sprachlehrbuches aus den 30 er Jahren mit Hinterglasdrucken konfrontiert, die die durch-numerierten Begriffe auf Zeichnungsrudimente verkürzen. Der “Grundwortschatz” wird durch Bilder erklärt, aber die Bilder sprechen nur im Zusammenhang mit anderen Bildern für sich. Die ironisch-kulturelle Haltung gegenüber Bild und Begriff erinnert an den belgischen Wortkünstler Broodthaers, der heute wieder ins Gespräch kommt.

Armaly ist als Amerikaner aber auch ein Ästhet der Oberflächen. Exchange rate (Wechselkurs) heißt auch eine zweiteilige Bildarbeit, in der er europäische Manierismen zitiert: Wie vor 450 Jahren Parimigianino verzerrt sich das Selbstbildnis des Künstlers in einem konvexen Spiegel—nur wird der bei Armaly nochmals mittels Fotografie reproduziert. Das Ergebnis ist ein Leuchtkasten mit doppeltem Abbild, an dem zwei Stars der Foto-Kunst mitwirkten: Clegg & Guttmann.

Die Neuentdeckung des Künstlers Armaly durch Buck & Nagel für ihre Galerie Christoph Dürr (Stuckvilla) kommt einer künstlerischen Offenbarung gleich. Armaly war einst Assistent bei Joseph Kosuth und nahm bisher nur an Gruppenausstellungen teil, zuletzt am Skulpturenprojekt Broken Neon am selben Kunstort. In seiner ersten Einzelausstellung rückt der Amerikaner die Kunst wieder in ihren abstrakten Bereich des Denkens. Das System bleibt. Es fehlen nur die aktuellen Fäden darin. Armaly spinnt ein feines Netz.